Chemistry University Cambridge

Zu Besuch im Chemielabor

„Lena, was macht Nis eigentlich genau in Cambridge?“ Wenn ich diese Frage höre, versuche ich mein generelles Desinteresse an den Naturwissenschaften möglichst gut zu verbergen und erzähle meistens irgendwas von Batterien und anorganischer Chemie, in der Hoffnung, dass mein Gegenüber genauso unwissend ist wie ich und eigentlich nur aus Höflichkeit gefragt hat. Manchmal kommt es jedoch vor, dass jemand aus ehrlichem Interesse fragt und naturwissenschaftlich auch noch relativ bewandert ist. Dann ist es ziemlich peinlich, wenn ich nicht einmal genau erklären kann, was mein Ehemann eigentlich den ganzen Tag im Labor macht.

Für eine Geisteswissenschaftlerin wie mich, die den Großteil ihres Studiums in Bibliotheken verbracht hat, ist das Labor eine einzige Gefahrenzone mit Giftstoffen, eigenartigen Gerüchen und seltsam aussehenden Geräten. Es wurde Zeit, meine Vorurteile abzubauen und so habe ich Nis einen Vormittag lang im Labor begleitet, um besser zu verstehen, was genau er in seiner Promotion macht.

Silizium als Anodenmaterial in Akkus

Wenn Nis an seinem Abzug im Labor steht, ist sein Ziel, eine Beschichtung zu synthetisieren, welche Silizium zu einem brauchbaren Anodenmaterial in Lithium-Ionen Batterien macht. Das sind die Akkus, die wir zum Beispiel in unseren Smartphones nutzen. Aktuell besteht das vorwiegend verwendete Anodenmaterial aus Graphit. Das soll in Nis Projekt jedoch durch Silizium ersetzt werden, da Silizium bei gleicher Masse mehr Kapazität verspricht. Das heißt, man kann dadurch leichtere Batterien produzieren und könnte so bei gleichem Gewicht mehr Energie speichern.

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Das vorwiegende Problem dabei ist, dass Silizium beim Entladen expandiert und die Batterie dadurch mit jeder Ladung mehr und mehr kaputt geht. Hätte man eine Beschichtung für Silizium, die dieses Problem löst, könnte der starke Leistungsabfall der Batterie verhindert werden. Genau solche Beschichtungen synthetisiert und erforscht Nis im Labor.

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Eine anorganische Synthese laienhaft erklärt

Da es sich bei dieser Synthese oft um luftempfindliche, anorganische Materialien handelt, muss er diese mit der sogenannten Schlenktechnik herstellen. Das heißt, die Materialien dürfen weder mit Sauerstoff noch mit Luftfeuchtigkeit in Berührung kommen. Hierfür nutzt er eine Apparatur, womit er unter Vakuum und Schutzgas, zum Beispiel Stickstoff oder Argon, arbeiten kann.

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Schlenk Technik

Darüber hinaus nutzt Nis zum Beispiel auch sogenannte „Gloveboxen“, in denen er seine Ausgangsmaterialien unter einer Schutzatmosphäre lagert und abfüllt.

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Gloveboxen

Glovebox Chemistry Cambridge

Ist die Synthese dann fertig, wird das „Rohprodukt“ aufgereinigt, zum Beispiel durch Destillation, um den Reinstoff zu erhalten.

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Dieses Endprodukt wird anschließend durch Standard-Analysetechniken wie NMR (Nuclear magnetic resonance spectroscopy) oder IR (Infrared spectroscopy) auf seine Reinheit und Struktur überprüft. Spannender ist der Blick in das Elektronenmikroskop, das in hunderttausendfacher Vergrößerung mehr Aufschluss über die Anordnung und Struktur beschichteter Materialien gibt.

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NMR Analyse

Mehr Leistung mit Silizium-Anoden in Batterien

Nis baut auch selbst Knopfzellen zusammen und setzt seine synthetisierten Materialien in die Batterien ein, um deren Leistung zu überprüfen. Die Beschichtung von Silizium ist dabei nur eine Methode, um mehr Leistung mit Silizium-Anoden zu erreichen. Mit Kollegen aus seiner Arbeitsgruppe in Cambridge und anderen Universitäten tauscht er sich stetig darüber aus, welche Strategien möglich sind, um die Lebensdauer solcher Batterien chemisch oder physikalisch zu verlängern. Die meisten Technologien sind noch nicht weit genug erforscht, um im großen Maßstab anwendbar zu sein. Aber in der Wissenschaft führen zumeist viele kleine Schritte über die Jahre hinweg irgendwann zum Durchbruch.

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